Dienstag, 13. Januar 2009

Neulich bei Starbucks

"Wo sollen wir uns denn treffen?"
"Also am liebsten bei Starbucks"

Starbucks. Elender Drecksladen.
Amerikanischer Scheißkonzern, steht in einer Reihe mit Coca Cola und Mc Donalds.
Enklave aus dem Mickey Maus Land.
Sozusagen der Klassenfeind.
An jeder Kaffeebohne klebt Blut, kann man aber nicht mehr schmecken, weil die Plörre derart aromatiersiert worden ist, dass man nur noch Vanillesirup, weiße Schokolade, Karamell, Karamellsirup und Karamellsoße schmeckt. Karamell, Karamell, Karamell.

Was ist passiert?
Früher gab es in Deutschland nur Kaffee und draußen sowieso nur Kännchen.
Beim Italiener vielleicht noch einen Espresso.
Wenn es ganz was Besonderes sein sollte, dann vielleicht noch einen Cappuccino.

In Werbespots, die man damals noch Reklame nannte, sah man deutsche Hausfrauen, die alle aussahen wie Schlagersängerinnen.
Obwohl sie den ganzen Tag in der Küche geackert haben, sahen sie aus wie aus dem Ei gepellt.
Auf dem Tisch lag die gute Tischdecke, das gute Tafelsilber, das gute Geschirr.
Das Essen war grandios: Braten, Kartoffeln, ein bisschen Beilagengemüse und Soße.
Soße, Soße, Soße.
In braun.
Die Kinder hockten in ihren besten Sonntagsklamotten brav am Tisch, schrien nicht rum, popelten nicht und saßen auch sonst total wohlerzogen in der Gegend rum.
Die Männer trugen Anzüge und waren glücklich sich die Plauze vollhauen zu können.
Was haben sie doch für tolle Fauen geheiratet.
"Und kochen können die...hmm...einfach toll. Darauf einen Dujardin.!"

Alle waren glücklich.
Alles war gut.
Die Gastgeberin war zufrieden. Zufrieden mit sich und zufrieden mit der Welt.
Ihre Schwiegermutter neigte sich lächelnd zu ihr rüber.
Innerlich frohlockte die Gastgeberin bereits.
Die Schwiegermama ist zufrieden, dachte sie.
Gleich wird sie mich loben. Gleich. Endlich. Nach all den Jahren.
Schwiegermama öffnete ihren perfekt angemalten Mund, nur leichte Fältchen umrangten ihre Lippen: "Das hast Du wirklich gut hinbekommen. Ein schönes Fest."
"Danke"
Danke, danke, danke, dachte sich die Gastgeberin. Nach all den Jahren, die ich um ihre Anerkennung gekämpft habe, endlich ein Lob von der alten Schranze.
Dann führte die weise aber durchaus strenge Schwiegermutter die Kaffeetasse an ihren Mund, trank...und verzog das Gesicht.
"Aber...der Kaffee."
"Was ist damit?"
"Er hat kein Aroma!"

Szenen wie diese gibt es nicht mehr.
Sie sind vorbei, Geschichte.
Irgendwann schlich sich die Sau Latte Machiato in die Küche und verzauberte die tristessegeplagten deutschen Hausfrauen mit seinem Milchschaum.

Wenn heute jemand Filterkaffee serviert, muss er sich keine Kommentare über das Aroma anhören, sondern wird sofort gefragt, ob er keinen Latte, oder Cappuccino am Start habe.

Kaffee trinkt heute nur noch Oma Meisenbug im Café Schmidtke.

Jetzt trifft man sich bei Starbucks, einem Kaffeegeschäft, in dem man froh sein kann, wenn man überhaupt noch einen Kaffee bekommt.
Stattdessen gibt es White Caffé Mocha, Caramel Machiato, Caramel Frappuccino® Blended Coffee, Tazo® Iced Chai Tea Latte, Vanilla Latte light oder Hazelnut Latte light oder wie die ganze Scheiße auch immer heißen mag.
Wer will kann sich einen Vanille Cappuccino mit
fettreduzierter Milch, extra foamy aber bitte half-Décaf bestellen.
Gegen einen kleinen Aufpreis kann man sich verschiedene Sirups aussuchen: Vanilla, Caramel, Almond, Hazelnut, Raspberry oder Peppermint.
Was für Leute nehmen bitte sehr Pfefferminzsirup zum Kaffee?

"Ich hätte gern einen iced décaf, triple, grande hazelnut
nonfat, no-whip Mocha."
Solche Sätze hört man ständig wenn man bei Starbucks in der Reihe steht und darauf wartet, dass man dran kommt und bedient wird.
Wer sich früher einen Cappuccino bestellt hat kam sich manchmal ganz schön schicki-ficki mäßig vor.
Wer sich heute bei Starbucks einen Cappuccino bestellt, kommt sich wie ein reaktionärer, alter Kacker vor.
Man bestellt sich seinen iced, tripple caf, tall, soya, hazelnut, extra foamy poamy schoamy, Caramel Latté oder irgend sowas in der Art.
Dann geht man ein Stückchen weiter und wartet darauf, dass einem das Koffein-Derivat von einer anderen Kraft überreicht wird und man dafür ca. vier bis fünf Euro! latzen darf.

Als ich da also so auf meinen langweiligen Cappuccino warte (ich gebe zu, ich habe einen double Cappuccino mit einem extra Espresso shot genommen), bringt die Bedienung drei Riesen Becher und sagt, beziehungsweise fragt: "Drei Latte Machiato?"
Vor mir stehen drei dicke Amerikanerinnen. Sie verstehen nicht, was sie da auf deutsch gefragt werden und erkundigen sich mit einem "pardon?".
Die Bedienung reagiert blitzschnell und ungerührt: "Three Lädde Mächiäddo".
Das verstehen sie.
Die dicken Amerikanerinnen nehmen sich ihren Lädde Mächiäddo und schieben ab.

...Lädde Mächiäddo.

So ein verfickter Scheißladen, denke ich und setze mich an den Tisch.
"Das nächste Mal treffen wir uns wieder im Café Schmidtke!"
So!

4 Kommentare:

Toreador hat gesagt…

Dafür bekomme ich da meinen halben Liter blöden Bohnenfilterkaffee für unter drei Euro, der den Namen auch verdient hat. Dafür bekomme ich bei Schmidtke vielleicht eine Tasse, "gebrüht" mit einer Espressomachine, die zu lange lief.. Den ganzen Baukastenscheiss brauch ich auch nicht, aber der normale Kaffee ist einfach gut. So.. geoutet.. xD

Saba hat gesagt…

Signorina, isch 'abe gar kein Auto :D

Sehr schön zusammengefasst, darf ich das zitieren? Ich weigere mich nämlich in jeder Stadt konsequent diese "Kaffeederivatketten" aufzusuchen, ob sie nun Starbucks, Balzacs oder wie auch immer heissen und versuche mich mit ähnlichen Worten dafür zu rechtfertigen ;)

Übrigens: In einem unserer eher alternativ bewohnten Stadteile musste jetzt gerade ein "Balzacs Coffee" schliessen - die Leute trinken den Kaffee lieber in ihrer Stammkneipe oder bei eben bei Schmidtke ;)
Ein Hoffnungsschimmer...

LG
Saba

Blonde hat gesagt…

Ich sag doch, ich werd öfter mal auf einen Kaffee vorbeischauen. Seeehr schön :D

Tom hat gesagt…

Also ich finde deren Kaffe-kombinationssystem kann man Starbucks nicht unbedingt vorwerfen. Natürlich ist das kein normaler, guter Kaffee mehr, aber warum soll man nicht auch mal solche whipped triple shot double fat Süßigkeiten zu sich nehmen. Wem's schmeckt und wer dafür bezahlen will, soll das doch gerne machen. Manchmal steh ich da auch drauf, aber was doch wirklich richtig lächerlich ist, ist der ganze Hype um den Starbucks Lifestyle. Besser als ein gut gebrühter Normalokaffee sind deren Getränke auch nicht und ich bin kein Stückchen cooler, nur weil ich mit nem Pappbecher in der Hand durch die Stadt laufe.