Mittwoch, 27. Mai 2009

Außergeistige Erfahrung oder Das Glück liegt nicht unter der Fußmatte Teil 1

Es war ein rauschendes Fest. Genau genommen, stimmt das nicht. Es war kein Fest. Es war eine Tour durch verschiedene Kneipen und Clubs und Absturzschuppen. Anlass war der Ausstand meines guten Freundes Herrn K.
Herr K. und ich kannten uns zu diesem Zeitpunkt erst seit ungefähr einem halben Jahr, aber wir passten wie Arsch auf Eimer, wie man so sagt. Bis auf unseren Chef Herr R. (gilt nicht), dem schwulen Kollegen Herr L. (gilt erst recht nicht) und dem weiterem schwulen Kollegen Herr Z. (der, wie sich herausstellte, gar nicht schwul war) stellten wir sozusagen den kompletten männlichen Bestand. So etwas verbindet, so etwas schafft Gemeinsamkeiten.
Pat und Patachon sollten bald unsere Spitznamen werden.
Unsere gemeinsame Zeit war von vornherein begrenzt. Herr K. machte in der juristischen Abteilung unserer Redaktion ein Praktikum. Sein Aufenthalt danach war unsicher. Düsseldorf vielleicht, Belgien vielleicht (Belgien?). Das einzig Sichere war, dass dieser Abend gebührend gefeiert werden musste. Gebührend heißt natürlich: Saufen bis in den frühen Morgen und sich amüsieren, ob es Spaß macht oder nicht. Umso erstaunter war ich, als Herr K. gegen 22.00 Uhr plötzlich verkündete, dass er jetzt gehen werde, was heißt: werde? Er müsse! Meine Einwände, dass er das doch nicht machen könne, dass das doch sein Abend sei und so weiter und so fort, hebelte er mit dem Argument, dass er sich noch mit einer Dame treffe, wirksam aus. „Ach so, jaja, na Sie sind mir ja einer, na dafür hab ich natürlich Verständnis.“
Zu diesem Zeitpunkt war ich zwar enttäuscht, allerdings auch nicht mehr ganz nüchtern und wenn ich alkoholisiert bin, neige ich zu extremer Großherzigkeit und habe alle lieb. Harmoniesucht nimmt meinen Körper und Geist in Besitz. Ab da nahm das Unglück seinen Lauf. Im Nachhinein kommentierte Herr K. die Ereignisse damit, dass, als er mich Wodka Red Bull (Teufelzeug) habe trinken sehen, er sich schon gedacht habe, dass noch „irgendetwas“ passieren werde. Irgendetwas – ja so kann man es auch nennen.

Pikante Randbemerkung: Die „Dame“, mit der mein lieber Freund Herr K. sich da traf, war die Frau, die später meine „Dame“ werden sollte und noch immer ist. Pat und Patachon.

Die ganze feierwütige Gesellschaft löste sich in mir-nichts-dir-nichts auf. Übrig blieben nur noch mein heterosexueller schwuler Kollege Herr Z. und ich. Gut, das stellte für mich kein größeres Problem dar, schließlich reicht mir beim Feiern letzten Endes sogar meine eigene Gesellschaft und die der Nachtschwärmer um mich herum, dieses Mal hatte ich also einen Kompagnon und die Nacht war noch jung.
Ich weiß noch, dass wir als nächstes einen Club ansteuerten, der eigentlich großer Mist war. Hingegangen sind wir, weil meine gute Freundin Fräulein S. an diesem Abend hinter der Theke stand. Das schien an diesem Abend die richtige Entscheidung zu sein, denn sie dankte unseren Besuch damit, dass sie uns konsequent abfüllte.
Ich kann mich ebenfalls noch daran erinnern, dass wir ca. 1 Stunde später in einen Laden weiter gezogen sind, den Herr Z. mir unbedingt zeigen wollte. Dann schneite Fräulein S. herein. In ihrer Bar war nichts los und deswegen konnte sie bereits Feierabend machen. Halali. Soweit so gut.
Sicher weiß ich noch, dass wir dann weiter gezogen sind und zwar zu dem Schuppen, der dann die letzte Station der Nacht werden sollte. Allerdings kann ich mich nicht mehr so richtig daran erinnern, dass wir unterwegs irgendeinen Bekannten von Fräulein S. getroffen haben und mit ihm ein Pläuschchen hielten. Fräulein S. besteht allerdings darauf, dass dies geschehen sei und so will ich das akzeptieren. Fräulein S. entschied sich anschließend, uns nicht weiter zu begleiten, wahrscheinlich war das auch besser so. Zu dem Laden gibt es nicht viel zu sagen. Anfangs war er leer, dann wurde es immer voller, aber so verhält es sich ja meistens. Wir tranken und tanzten und tanzten und tranken. In den frühen Morgenstunden verließen wir schweißnass das Etablissement. Ich war zufrieden mit mir. Ich hatte den Ausstand von Herrn K. gebührend für uns beide gefeiert. Es gelang mir noch, die richtige Straßenbahn nach Hause zu erwischen.

Früher habe ich es immer gehasst, nach einer durchzechten Nacht früh morgens in der Bahn zwischen all den ausgeschlafenen, frisch geduschten und vor allen Dingen nüchternen Leuten zu sitzen. Je fitter die anderen waren, desto fertiger und schmieriger kam ich mich vor. Ich schämte mich geradezu für meinen von einem Lotterleben gezeichneten Zustand. Als ich ca. zwei Monate vorher Fräulein S. von meiner diesbezüglichen Befangenheit erzählte, lachte sie mich an und prahlte damit, dass dies bei ihr genau anderes herum sei. Sie schaue immer voller betrunkener Selbstzufriedenheit auf das nüchterne Volk geradezu herab und sei höchst zufrieden damit, dass sie eine tolle Nacht hinter sich habe und die anderen Leute ein blöder Tag voller Arbeit im Büro erwarte. Wenn sie besonders gutlaunig und in Gesellschaft sei, könne es sogar vorkommen, dass sie lauthals „Ihr fahrt ins Büro. Ihr fahrt ins Büro. Ihr fahrt, ihr fahrt, ihr fahrt ins Büro“ sänge. Fräulein S. Sicht auf dieses Thema beeindruckte und ja, inspirierte mich zutiefst. Ich beschloss, es mir sofort zu Eigen zu machen. Monate später würde dieses neu erworbene betrunkene Selbstbewusstsein allerdings dadurch getrübt, dass mir klar wurde, dass nur die wenigsten Leute an einem Samstag- oder einem Sonntagmorgen ins Büro fahren. Aber an diesem Morgen brachte mich die Ihr-fahrt-ins-Büro-Haltung zufrieden und sicher nach Hause.

Mein Schlafzimmer hat die Eigenschaft, im Winter die Temperatur eines altmodischen mit Eis gefüllten Kompressenbeutels anzunehmen (eine ungeheuer fantastische Erfindung, die, auf die versoffene Murmel gelegt, einem nicht nur sofortige Erleichterung verschafft, sondern einem ebenfalls das Gefühl gibt, seinen Kater ebenso stilvoll, wie man es in alten amerikanischen Komödien mit Gary Grant gesehen hat, auszukurieren). Weil es aber Sommer war, entschied mein Schlafzimmer sich dazu, die Temperatur, die außerhalb meiner Wohnung herrschte, nicht nur anzunehmen, nein, sondern sie sogar noch zu toppen. Das Klügste schien mir daher, mich nackt auf mein Bett zu legen. Ich sollte meine Entscheidung noch bitterlich bereuen.

Das Nächste, an das ich mich erinnern kann, ist, dass ich nackt vor meiner Wohnungstür stand.


Fortsetzung folgt.

1 Kommentar:

ndlange hat gesagt…

So so... Schwule sind also keine richtigen Männer. Ich wusste gar nicht, dass du doch so einer bist.... Prost!