Mittwoch, 12. November 2008

Über die Freundschaft

Auf die Frage, was das Wichtigste im Leben sei, sagen die meisten Menschen: Gesundheit.

Geschenkt.

An zweiter Stelle kommt dann aber fast immer, dass es die Freunde sind.

Freunde.

Ein Freund, ein guter Freund,
das ist das Schönste was es gibt auf der Welt.
Ein Freund, bleibt immer Freund
auch wenn die ganze Welt zusammenfällt.
Drum sei doch nicht betrübt,
auch wenn dein Schatz dich nicht mehr liebt.
Ein Freund, ein guter Freund,
das ist das Schönste was es gibt.

Einen guten Freund kann man zu jeder Zeit anrufen.
Auf einen guten Freund kann man sich immer verlassen, er ist immer für einen da.
Freunde kann man nie genug haben, da wird einem jeder Recht geben.
Allerdings heißt es auch, dass man nur wenige richtige Freunde haben könne.
Auf die Frage, wie viele das denn sein können/dürfen, antworten die meisten Leute:
So ungefähr Fünf.

Aha.

Fünf Freunde.

Fünf. Das ist eine griffige und überschaubare Zahl.
Ich habe mal eine Talkshow gesehen, ich glaube, dass es eine von den ersten Talkshows war, zu der Zeit, als man noch nicht wußte, dass sie eine Beleidigung der Zuschauer und der Protagonisten darstellen.
Wahrscheinlich Hans Meiser oder Illona Christen, Fliege war es auf keinen Fall, denn zu keiner Zeit hat man daran gezweifelt, dass dieser Mann in sich selbst eine Beleidigung darstellt.
In dieser Talkshow ging es um Swinger.
Einer der Swinger sagte einen Satz, der bei mir hängen geblieben ist.
Liebe ist nicht teilbar.
"Auch wenn ich mit anderen Frauen schlafe, heißt das doch nicht, dass ich meine Frau deswegen weniger liebe."

Ich war damals von der Konsequenz dieser Logik beeindruckt.

Auch wenn sich die praktische Umsetzung dieser Philosophie im Bereich der Partnerschaft als schwierig herausstellen dürfte, so müsste es doch aber auf jeden Fall für Freundschaften gelten.

Trotzdem glaube ich, dass die Limitierung der Freunde auf die Zahl der Finger, die man an einer, maximal an zwei Händen hat, sinnvoll ist.

Natürlich hat man genug "Liebe" zur Verfügung, aber man hat nicht genug Zeit.
Freundschaften wollen gepflegt sein.

Die Europäer im Allgemeinen, und wir Deutschen im Speziellen, gehen in der Regel sehr sparsam mit dem Begriff der Freundschaft um.
Zumindest glauben wir das von uns.
"Die Amerikaner, die nennen doch jeden Friend."
Jemanden seinen Freund zu nennen, und zwar nicht aus einem alkoholisierten Zustand heraus, wo diese Bezeichnung auf jeden, der nicht bei drei auf den Bäumen ist, zutrifft, denn - hey wir sind doch alle gleich, nein, sondern im nüchternen und aufgeräumten Gemüt, kommt einem Orden gleich.

Winnetou und Old Shatterhand haben die Nummer mit Blut symbolisch untermauert.
Erst haben sie sich mit einem Messer die Innenseite der Handgelenke angeritzt, anschließend haben sie ihre Wunden so aufeinander gepresst, dass sich ihr Blut vermischt hat.

Als ich acht Jahre alt war, wollte ich mit Martin Müller Blutsbrüderschaft besiegeln.

Wir haben uns nicht getraut.

Ich habe noch ungefähr zwei Freunde, die ich seit frühester Jugend meine Freunde nennen darf.
Mittlerweile länger als mein halbes Leben.
Ich sehe sie selten, denn beide wohnen jeweils in einer anderen Stadt.
Wenn ich sie aber dann sehe, dann scheint es mir oft so, als wären die ganzen großartigen Entwicklungen, die ich in der langen Zeit durchlaufen habe, wie weggeblasen.
Andersherum ist es genauso.
"Jaja, den anderen neuen Leuten in Deiner Stadt kannse ja gerne vormachen, dass du jetz so und so bist, aber ich weiß wo du herkommst. Also, was soll dieses affige Lederband um Dein Handgelenk?"

Je älter man wird, desto schwieriger wird es angeblich, Freundschaften zu schließen.
Ich glaube das nicht.
Es ist doch so, dass wenn man jung ist, man ständig mit Seinesgleichen zusammen ist.
Und man verbringt eine sehr wichtige und prägende Zeit miteinander.
Die Adoleszenz.
Zusammen jung sein verbindet.
Zumindest tut es das, solange man jung ist.

Viele Leute schleppen alte Freundschaften mit sich herum.
Wenn sie diese Menschen jetzt kennenlernen würden, würden sie aller Wahrscheinlichkeit nach keine Freunde werden.

Ist es ein realistischer Anspruch mit einem Menschen sein Leben lang befreundet sein zu wollen?
Was ist, wenn die Freundschaft ihr Haltbarkeitsdatum bereits überschritten hat?
Darf man dann Schluss machen?
Wenn der andere sich wie ein Arschloch verhält, klar, dann ja.
Und wenn nicht?

Es dürfte sich menschlich als ziemlich anstrengend erweisen, einem alten Weggefährtem die Freundschaft zu kündigen, weil er einen nicht mehr inspiriert.
Also tut man das, was alle tun, man lässt es auslaufen.
"Ey, meld Dich mal wieder... Wir müssen mal wieder was zusammen machen... Das Telefon funktioniert in beide Richtungen."
Jaja, man kennt das.

Überhaupt zeigt sich oft erst, was eine Freundschaft wert ist, wenn schlechte Zeiten anstehen.
Und ich meine nicht, dass der eine Freund gerade finanziell klamm ist und der andere ihm aushilft, oder wenn man jemanden für den Umzug braucht, Liebeskummer hat oder dergleichen, sondern, wenn einer sich in eine Richtung entwickelt, die man nicht gutheißt.

Das ist schwierig.

Am schwierigsten ist es, wenn es einen selbst nicht direkt betrifft.
Ich war in meinem Leben immer wieder Zeuge davon, dass Freunde irgendwie unter die Räder gekommen sind, es irgendwie nicht gepackt haben, oder dabei waren ihr Potential zu verschenken.
In diesen Fällen ist es nicht damit getan, dass man seinem Freund mal eben den Kopf wäscht und ihn entsprechend einnordet.
Diese Fälle sind schwerwiegender.
Man spürt, dass der Andere, entweder uneinsichtig oder nicht in der Lage ist, etwas an der Situation zu ändern.
Aber das Schlimmst daran ist, dass die Freundschaft ihr Gleichgewicht verliert.
Man ist plötzlich nicht mehr auf Augenhöhe.
Und auf Augenhöhe sein ist doch eines der wichtigsten Merkmale einer Freundschaft.
Irgendwann aber stellt man fest, dass allein die Tatsache, dass man sich schon sehr lange kennt, keine ausreichende Basis für eine ernsthafte, tiefergehende und verantwortungsvolle Beziehung ist.
Denn das ist genau das, was eine Freundschaft ist.

Wie lange man sich kennt, spielt keine Rolle.

1 Kommentar:

Blonde hat gesagt…

Ich glaub, ich werd öfter mal auf nen Kaffee hier vorbeischauen...