Sonntag, 9. November 2008

Es war die Martha und nicht der Nordpol

Wie ich ja schon mal erwähnte, bin ich vor zweieinhalb Jahren nach Köln gezogen.
Und in Köln sollte ich eine wichtige Sache lernen, die sich mir bis dato entzogen hatte.

Die Strasse in die ich gezogen bin, liegt direkt an der Luxemburger Strasse.
Ich dachte mir nichts dabei, denn in Köln heißt ja vieles ein bisschen anders.
Nachdem ich also anfangs die besondere Schreibweise der Luxemburger Strasse als ulkige, regionale Schrulle abgetan und ihr keine besondere Bedeutung zugemessen habe, fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen.

Das heißt wirklich so.
Nicht nur in Köln, sondern überall in Deutschland.
Es heißt Luxemburg.

Der Leser wird sich an dieser Stelle denken: "Häh? Klar Luxemburg. Wie denn sonst?"
Nun, in den bis dahin 31 Jahren, in denen ich mich mal so, mal so durchs Leben laviert habe, habe ich immer geglaubt, dass es LuxeNburg heißt.

Aber es war die Martha und nicht der Nordpol.

Luxemburg.

Zugegeben, das war ein kleiner Schock.
Sofort fing ich an, meine vorangegangenen 31 Jahre durchzuscannen.

"Wie kann das denn sein?
Schließlich bin ich doch ein sprachlich talentiertes Kerlchen und außerdem hatte ich in der Abiturprüfung in Deutsch eine Eins.
Ob es daran liegt, dass ich auf einer Gesamtschule war?
Wie oft hatte ich mich zum Deppen gemacht, in dem ich das Wort falsch aussprach?
Vielleicht hat es ja auch niemand bemerkt...in den 31 Jahren.
Hm..."

Bis heute finde ich, dass Luxenburg auch viel schöner klingt.
Irgendwie richtiger.
Luxemburg klingt so, als ob jemand aus dem Ruhrpott das Wort falsch dekliniert hat:
"Gib mich ma dat Bier aus Luxemburg."

Brrr.

Aber warum hat mich das so geschockt?
Denn, wenn man ehrlich ist, passiert einem so etwas immer wieder.
Nicht täglich, aber dennoch regelmäßig.
Man hat irgendein Wort falsch gelernt, aber weil es phonetisch ähnlich klingt, kommt man damit sein halbes Leben lang durch.
Aber eben nur sein halbes.

Gut ist, wenn man es wie oben beschrieben selbst und vor allen Dingen alleine merkt.
Schlecht ist, wenn einem diese Wortmissbildung in Gesellschaft aus der Lippe fällt.

Als ich eines Tages mit zwei Freunden im Auto unterwegs war, gerieten wir in einen Stau.
Es war aber nicht so schlimm, denn der Stau schien sich gerade aufzulösen, was mich zu folgender unklugen Äußerung verleitete:
"Ach, das ist ja nicht so schlimm. Es ist ja nur zellfließender Verkehr."

"...Was für ein Verkehr?"

In diesem Augenblick wußte ich genau, dass irgend etwas an meiner Formulierung nicht stimmen konnte, aber was? Ich hatte nicht mehr viel Zeit. Mein Freund blickte mich bereits mit diebischer Vorfreude an.

"...Äh...zell-fließender Ver-kehr?"

"Wieso denn - zellfließend?"

Aha, jetzt wußte ich wenigstens was ich falsch gemacht hatte. Und natürlich war mir sofort klar, wie es richtig zu heißen hat. Zähfließender Verkehr. Weil er zäh fließt. Na klar. Trotzdem musste möglichst schnell eine souveräne und eloquente Begründung her, die im Idealfalle sogar IHN daran zweifeln ließe, ob er nicht Derjenige Welche ist, der hier falsch liegt.

"Naja...weil die Autos sich nur so einzeln fortbewegen. So wie Zellen. Eine nach der Anderen?"

Der Erfolg dieser Erklärung hielt sich in Grenzen.

Als ungetaufter Atheist, dachte ich auch lange Zeit, es heißt: Hallejulia

Peinlichkeiten dieser Art sind furchtbar und ich nehme jedem meiner Freunde, die Diskreditierung meiner sprachlichen Souveränität, durch schadenfrohes darauf herumreiten, äußerst übel.

Neulich saß ich mit einem anderen Freund zusammen.
Wir diskutierten angeregt darüber, welchen Film wir uns denn heute Abend anschauen sollen.
Die Diskussion wurde immer hitziger.
Die Filme, die er vorschlug interressierten mich nicht.
Die Filme, die ich vorschlug, fand er ebenso uninteressant oder hatte sie angeblich schon gesehen.
Als ich wieder einen Film vorschlug sagte er:
"Nee, den kenn ich echt HIN und auswendig."

"...wie kennst Du den Film?"

1 Kommentar:

Saba hat gesagt…

Kleiner Lesetipp zum Thema Verhörer und Verleser:

"der weisse Neger Wumbaba". Großartig...

http://www.radiobremen.de/online/service/hoerbuch/wumbaba.html

http://media.libri.de/shop/coverscans/283/2834516_null_xl.jpg

Gruß
Saba